August Macke, Gemüsefelder, 1911, Öl auf Leinwand über Sperrholz aufgezogen, Kunstmuseum Bonn, Foto: Reni Hansen

Klassische Moderne

„…in den letzten Tagen [hätte] ich allen Grund, in explosionssicheren Räumen zu arbeiten. Es kommt viel aus mir heraus…“ schreibt August Macke 1910 an seinen Künstlerfreund Franz Marc.
Nicht nur das Seelenleben Mackes, sondern die gesamte Welt befinden sich in nervöser Anspannung. Ihre radikale Umwälzung mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 steht aber erst noch bevor.

Es sind die Gemälde Seiltänzer (1914) und Türkisches Café (1914) aus jener Zeit, deren Erwerb 1949 den Auftakt des (sich aus der Privatsammlung Obernier entwickelnden) Kunstmuseums Bonn markieren und zugleich den Startschuss für eine der umfangreichsten Macke-Sammlungen weltweit geben.

August Mackes kurze und durch den Ersten Weltkrieg abrupt beendete Schaffensgeschichte (1887 in Meschede – 1914 bei Perthes-lès-Hurlus, Champagne, FR) ist eng mit Bonn verwoben. Hier lebte er einige Jahre mit seiner Familie, richtete sich ein Atelier ein und organisierte 1913 die Ausstellung Rheinischer Expressionisten. Selbstbewusst demonstrierte er damit die Existenz eines künstlerischen Zentrums im Westen neben Berlin (Die Brücke) und München (Blauer Reiter).

Mit dem früh erfolgten Ankauf von Arbeiten der 16 an der Ausstellung beteiligten Künstler:innen setzt das Kunstmuseum Bonn einen verschiedene Medien (wie Gemälde, Grafik und Skulpturen) übergreifenden Sammlungsschwerpunkt der Rheinischen Expressionisten wie Heinrich Campendonk, Franz Seraph Henseler, Franz M. Jansen, Helmuth Macke, Carlo Mense, Heinrich Nauen, Paul Adolf Seehaus oder Hans Thuar. Weitere Werke der klassischen Moderne wie Formes circulaires, Lune N° 2 (1913) von Robert Delaunay und Arbeiten von Alexej von Jawlensky sowie der Kunst der Brücke von Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff erweitern die Perspektiven unserer Sammlung der klassischen Moderne.

Seit 2016 fügt die unbefristete Dauerleihgabe der Sammlung Wilfried und Gisela Fitting dem Sammlungsbestand der klassischen Moderne namhafte Werke hinzu und vertieft den Sammlungsschwerpunkt zu Max Ernst.

August Macke

August Macke (1887 in Meschede – 1914 bei Perthes-lès-Hurlus, Champagne, FR) steht mit seinem Werk beispielhaft für die Neugierde einer jungen Künstler:innengeneration, die an verschiedenen Orten Europas und dann in der Folge auch in Amerika aufbricht, um eine neue Wahrnehmung der Welt und mithin auch eine neue Empfindung des Lebens zu schaffen – oder in vielen Fällen sogar durch bewusst herbeigeführte Skandale zu provozieren:

„Alle diese Dinge“, so schreibt Macke 1913 in einem Brief an einen Freund, „Kubismus, Futurismus, Expressionismus, abstrakte Malerei sind nur die Bezeichnungen für eine Wendung, die unser malerisches Denken machen will und macht.“

Es sind die Lebendigkeit und die Sinnlichkeit des Lebens, die seine Werke auszeichnen. Dies findet sich in der Kraft und Schönheit der Farben gespiegelt, die oftmals über die einzelnen innerbildlichen Formen hinausgehen und den gesamten Bildraum erobern.

Ohne sich auf ein künstlerisches Manifest zu versteifen oder seine Bildsprache einseitig zu radikalisieren, bleibt August Macke in seinen künstlerischen Überlegungen zwar offen für vielerlei Einflüsse und Anregungen, schafft aber ein eigenständiges Werk, das beispielhaft für die besondere Prägung des Rheinischen Expressionismus stehen kann. Sein Blick richtet sich dabei auf den „Westen“, auf Frankreich, nach Paris, wo er in den Werken von Robert Delaunay einen verwandten Geist zu finden glaubt.

Die umfängliche Macke Sammlung des Kunstmuseums Bonn umfasst mit Gemälden, Skulpturen und Grafiken Werke aus allen Schaffensphasen des Künstlers.

Max Ernst

Bereits sehr früh in seiner von mehrfacher Emigration geprägten künstlerischen Laufbahn trifft Max Ernst (1891 in Brühl – 1976 in Paris, FR) in Bonn, wo er studierte, auf August Macke und seine rheinischen Kolleg:innen. Es war Macke, mit dem ihn eine Freundschaft verband und der ihn 1913 zur Ausstellung Rheinischer Expressionisten einlud.

Vor allem im Medium der Grafik experimentiert Max Ernsts kreativer Geist beständig mit neuen künstlerischen Techniken. So entstehen bildliche Sprachen, die nicht nur eine veränderte Sicht auf die Welt, sondern auch auf die psychisch-fantastischen Innenwelten eröffnen. In seinem Text Jenseits der Malerei (1936) stellt er fest: „[…] mit welcher Besessenheit mein irritiertes Auge an den Seiten eines Bilderkataloges haftete, in dem Gegenstände zur anthropologischen, mikroskopischen, psychologischen, mineralogischen und paläontologischen Veranschaulichung abgebildet waren. Dort standen Bildelemente nebeneinander, die einander so fremd waren, dass gerade die Sinnlosigkeit dieses Nebeneinanders eine plötzliche Verschärfung der visionären Kräfte in mir verursachte, und eine halluzinierende Folge widersprüchlicher […] Bilder wachgerufen wurde […].“

Im geschilderten Wahrnehmungsprozess des unvermittelten Aufeinandertreffens unterschiedlichster Gegenstände liegt einer der Schlüssel des Surrealismus verankert, zu dessen wesentlichen Vertretern Max Ernst zu rechnen ist.

1952 erwirbt das Kunstmuseum Bonn sein Gemälde Grätenwald (1926). Das Werk wird 1987 durch den Ankauf der Sammlung Hans Bolliger, die zahlreiche illustrierte Bücher und druckgrafische Werke umfasst, in einen größeren Schaffenszusammenhang gestellt, der die gesamte Entwicklung des Künstlers aufzeigt. Dadurch bildet sich ein Schwerpunkt der Sammlung, der durch ein Ensemble von fünf Skulpturen – eine Dauerleihgabe der Bundesrepublik Deutschland – ergänzt wird und das den Künstler auch als Bildhauer in Erscheinung treten lässt. Über 40 bedeutende Werke Max Ernsts bereichern seit 2016 mit der unbefristeten Dauerleihgabe der Sammlung Wilfried und Gisela Fitting den Sammlungsschwerpunkt.

Sammlung Fitting

Die Sammlung Wilfried und Gisela Fitting umfasst mehr als 200 Werke von 30 Künstler:innen, die zu einem tiefen Verständnis der Kunst des gesamten 20. Jahrhunderts beitragen. Sie zeichnet sich durch umfangreiche Werkgruppen von Gemälden, Skulpturen, Zeichnungen und Druckgrafiken von Max Ernst, Hans Arp, Pablo Picasso, Georges Braque, Hann Trier und Eduardo Chillida aus. Aber auch Einzelwerke unter anderem von Joan Miró, Henri Matisse, Paul Klee, Alexej von Jawlensky, Meret Oppenheim bis zu David Hockney, Roy Lichtenstein, Antoni Tàpies und Rosemarie Trockel verdeutlichen die Breite der Sammlung.

Seit dem Ende der 1950er Jahre wurde die Sammlung von Gisela Fitting (1918 – 2004) und Wilfried Fitting (1919 – 2012) zusammengetragen. Die Sammler:innen folgen hierbei künstlerischen Themen, die die poetische Erfindungskraft und die Auseinandersetzung mit der Natur sowie ihre Transformation durch die Fantasie in den Mittelpunkt stellen.

Die zwischen 1907/08 und 1993 entstandenen Werke spiegeln das Interesse der Sammler:innen für eine ihnen zeitgenössische Kunst. Davon zeugen auch die Freundschaften, die sie zu einigen Künstler:innen pflegten.

Seit 2016 befindet sich die Sammlung als unbefristete Dauerleihgabe im Kunstmuseum Bonn. Der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft ist Träger der Prof. Dr. med. Wilfried und Gisela Fitting Stiftung. Die Werke der Sammlung vertiefen vorhandene Positionen wie beispielsweise Max Ernst oder bestimmen andere Schwerpunkte grundlegend neu. In Zukunft werden die von der Stiftung zur Verfügung gestellten Leihgaben wissenschaftlich erforscht und als lebendiger Teil der eigenen Sammlungspräsentation der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

 

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