Ein Schwerpunkt der Sammlung des Kunstmuseums Bonn ist die in Deutschland nach 1945 bis heute entstandene Kunst. Vor allem der Weg der Malerei vom Informel bis zur Gegenwart wird umfassend dargestellt. Neben der Malerei wurden wichtige Beiträge zur Fotografie, der Videokunst, der Skulptur und Installation erworben. Sie zeigen, dass die Kunst der Gegenwart nicht mehr innerhalb enger Mediengrenzen verstanden werden kann. Das Museum überprüft immer wieder seine Konzeption zur Erweiterung der Sammlung und deren Präsentation, entsprechend der dynamischen Entwicklung der Kunst.
Insgesamt folgt die Sammlung dem Prinzip, größere Werkblöcke von Künstler:innen zu erwerben und in einzelnen Räumen eine intensive Auseinandersetzung zu ermöglichen.
Inzwischen werden auch künstlerische Positionen in die Sammlung des Kunstmuseums integriert, die die internationalen und globalen Zusammenhänge der Gegenwartskunst verdeutlichen.
Ungefähr alle zwei Jahre werden die Bestände neu organisiert und ausgestellt, um damit unterschiedliche Perspektiven der Kunst zu erschließen. In diese wechselnden Präsentationen einbezogen sind jeweils wichtige, aber auch länger nicht gezeigte Werke der Sammlung sowie Neuerwerbungen und Leihgaben aus Privatsammlungen (KiCo, Mondstudio u.a.), mit denen das Museum seit langem zusammenarbeitet. Das Spektrum reicht von Joseph Beuys, Blinky Palermo, Gerhard Richter, Sigmar Polke, Hanne Darboven zu Marcel Odenbach, Isa Genzken, Heidi Specker, Katharina Grosse, Pia Fries und anderen.
„Wenn Ihr alle meine Multiples habt, dann habt Ihr mich ganz“
– Joseph Beuys
Das Kunstmuseum Bonn verfügt über eine der größten Sammlungen von Multiples von Joseph Beuys. Dies verdankt es nicht zuletzt der Beuys Stiftung Ulbricht, die Mitte der 1980er Jahre in die Sammlungen des Kunstmuseums integriert werden konnte. Ergänzt durch Ankäufe aus späteren Jahren beläuft sich der Bestand heute auf gut 470 Multiples von insgesamt über 500, darunter Postkarten, Druckgraphiken, Plakate, Videos, Schallplatten und Objekte, entstanden zwischen 1965 und 1986, dem Todesjahr von Joseph Beuys.
Multiples – Auflagenobjekte – waren besonders in der Kunst der 1960er und 1970er Jahre von Bedeutung. Als preiswerte in Serie hergestellte Objekte dienten sie auch Beuys als Multiplikatoren seiner Ideen.
Sein Denken und Handeln sollten so in die Gesellschaft getragen werden und dort ihre Wirkung entfalten.
Mit ihrer medialen Vielfalt repräsentieren die Multiples in komplexer Weise Beuys‘ Gesamtwerk, das um humanistische, politische und ökologische Fragen kreist. Seine inhaltliche Komplexität steht im Kontrast zur vermeintlichen Einfachheit der verwendeten Materialien. Fett und Filz beispielsweise verweisen auf die menschlichen Grunderfahrungen wie Nahrung, Wärme und Schutz. Das isolierende Material steht nicht nur für körperliche, sondern auch für geistige Wärme. Oft sind die Multiples Artefakte oder Relikte von Beuys‘ Aktionskunst oder gehen auf frühere Zeichnungen zurück. Häufig sind sie aber auch alleiniger Ausdruck einer spezifischen Idee, den Beuys ausschließlich in dem Medium des Multiples fand, wie etwa in der Capri-Batterie (1985), in der die Natur als Energiequelle, als sich selbst aufladende Batterie erscheint.
Das Kunstmuseum Bonn sammelt seit seinem Bestehen Grafik: Radierungen, Kupferstiche, Siebdrucke, aber auch Zeichnungen, Collagen und Künstler:innenbücher, mit internationaler Ausrichtung. Die Sammlung des Hauses umfasst gut 6.000 Blatt und gehört damit zu den kleineren Museumssammlungen, weist aber zahlreiche Highlights auf. Bedeutende Werkblöcke gibt es im Bereich des Rheinischen Expressionismus, den Künstler:innenbüchern von Max Ernst, den Multiples und Zeichnungen von Joseph Beuys, Papierarbeiten von Hanne Darboven, Blinky Palermo, Sigmar Polke, Gerhard Richter, Franz Erhard Walther sowie Druckgrafik von Günther Förg, Eduardo Chillida und der englischen und amerikanischen Pop Art.
Den jährlichen Schenkungen der Theobald-Simon-Stiftung verdankt das Museum ein Konvolut an Zeichnungen von regionalen und nationalen Künstler:innen wie Susanne Krell oder Hilla Jablonksy. Die großformatigen Holzdrucke von Gert und Uwe Tobias sowie Arbeiten von Nanne Meyer gehören zu den aktuellen Ankäufen im Bereich der Grafischen Sammlung. Dank einer Schenkung des Künstlers ist zudem seit kurzem ein größeres Konvolut an Zeichnungen von Harald Naegeli Bestandteil der Sammlung.
Seit Ende der 1970er sammelt das Kunstmuseum Bonn Fotografie. Einen wesentlichen Teil seiner qualitätsvollen Sammlung, die etwa 400 Werken von etwa 60 Künstler:innen umfasst, machen die Arbeiten von zentralen deutschen Positionen dieser Zeit aus: neben Katharina Sieverding sind Jürgen Klauke, Anna & Bernhard Johannes Blume, Imi Knoebel, Monika Baumgartl sowie Rudolf Bonvie mit größeren Werkblöcken vertreten. In den 1990er Jahren nahm das Kunstmuseum Bonn eine rege Ausstellungs- und Sammlungstätigkeit im Bereich Fotografie auf.
Herausragende Bilder von Andreas Gursky, Jörg Sasse, Thomas Florschuetz, Katharina Mayer, Thomas Struth, Michael Wesely, Boris Becker, Christopher Muller oder Wolfgang Tillmans sind seither Teil der Sammlung. In jüngster Vergangenheit kamen Werke von Candice Breitz, Viktoria Binschtok und Heidi Specker hinzu.
Das Kunstmuseum Bonn besitzt eine der weltweit bedeutendsten Sammlungen von Videokunst. Insbesondere die Film- und Videokunst der 1960er und 1970er Jahre ist in Bonn in herausragender Breite und Qualität vertreten. Dies ist vor allem Ingrid Oppenheim zu verdanken. Die Kölner Galeristin und Mäzenin vermachte dem Kunstmuseum annähernd 400 Werke von Pionier:innen der Videokunst wie Joan Jonas, Alan Kaprow, Dennis Oppenheim, Peter Campus, Les Levine, Klaus vom Bruch, Marcel Odenbach, Ulrike Rosenbach und anderen.
Die mobile Videotechnik gab den Künstler:innen die Freiheit, neue künstlerische Möglichkeiten bewegter Bilder zu entwickeln. Die Übergänge zwischen Videokunst und experimentellem oder traditionellem Film sind dabei fließend. Als Videokunst wird daher nicht nur die historische Kunstform, die in den 1960er Jahren in Deutschland und den USA entstand, bezeichnet.
So reicht auch das Spektrum der Sammlung von frühen technisch einfachen Videofilmen, die über das Medium selbst reflektieren (Joan Jonas, Vertical Roll, 1972), bis zu dem 2018 vom Kunstmuseum Bonn mitfinanzierten und aufwändig produzierten Film Unheil von John Bock, der in Kinofilm-Länge ein verstörendes Mittelalter mit eigenen Ritualen erfindet. Als Videoinstallation breitet sich Videokunst mitunter skulptural im Raum aus (Eli Cortiñas, Excitement of Ownership, 2019).
Seit 2006 wird die Videosammlung in der Installation Odeon, einer begehbaren architektonischen Skulptur des Münchener Künstlers Stefan Eberstadt, präsentiert. Hier stehen den Besucher:innen zwei Service-Stationen zur Verfügung, an denen sie Filme und Videos abrufen und auf einem Bildschirm ansehen können.