Die Fotografin Barbara Klemm hat jahrzehntelang für die Frankfurter Allgemeine Zeitung das politische Geschehen der Bundesrepublik mit der Kamera begleitet und gilt als eine der prominentesten Chronistinnen jüngster deutscher Vergangenheit. Mit ihrem ganz eigenen Blick für typische Situationen und prägnante Momente schuf sie Aufnahmen von historischem Wert. Klemms Bilder gelten heute als fotografische Dokumente politischer Epochen und Wendepunkte.
Zur Sammlung des Kunstmuseums Bonn gehört ein großes Konvolut an Dauerleihgaben aus den Jahren 1973 bis 2002. Sie zeigen heute historische Szenen, in denen die Protagonistinnen und Protagonisten häufig wie in sorgfältig gestalteten Konstellationen auftreten und agieren. Klemm erreicht dies zum einen durch einen präzisen Blick für den »fruchtbaren Augenblick« und zum anderen durch das stete Wahren einer gewissen Distanz. So werden auch die Betrachtenden nie zu Beteiligten des Geschehens, sondern bleiben Zuschauer:innen einer Aufführung, die nicht immer für sie bestimmt scheint.
Geleitet wird Klemm von einem untrüglichen Gespür für den entscheidenden Zeitpunkt. Das zeigen ihre Fotos politischer Ereignisse und Begegnungen ebenso wie Reisebilder oder Porträts. Ihr gelingt es vor allem durch den Aufbau eines Bildes, Menschen so in Beziehung zueinander und zum Raum zu setzen, dass das Foto den Eindruck einer Schlüsselszene vermittelt.
Eines der berühmtesten Bilder Klemms ist die Fotografie des Treffens von Willy Brandt und Leonid Breschnew 1973 in Bonn. Im Zentrum der Szene: Willy Brandt, umgeben von Dolmetschern und Beratern, links von ihm sitzt Leonid Breschnew, zu seiner rechten Bundesaußenminister Walter Scheel. Es ist der erste offizielle Besuch eines sowjetischen Staatschefs seit dem Zweiten Weltkrieg. Barbara Klemm fängt eindrucksvoll die demonstrative Ruhe Brandts bei gleichzeitiger höchster Konzentration und Spannung aller ein. Jeder und jedem Anwesenden war in diesem Augenblick die historische Dimension des Geschehens bewusst.